ABCSG 48/POSITIVE

Vesna Bjelic-Radisic
Assoz. Prof. Priv.-Doz.
Dr. Vesna Bjelic-Radisic

Michael Gnant
Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant

ABCSG 48/POSITIVE: Studie für Brustkrebspatientinnen mit Kinderwunsch startet

Österreichs größte akademische Studiengruppe ABCSG (Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group) startet ein wichtiges und ehrgeiziges Studienprojekt, um jungen Frauen mit östrogenrezeptor-positivem Brustkrebs ihren Kinderwunsch erfüllen zu können.

Am 10. November 2017 war es so weit: Das erste Zentrum für das ehrgeizige Projekt ABCSG 48/POSITIVE für Brustkrebspatientinnen mit Kinderwunsch ist aktiv und kann ab sofort mit der Rekrutierung starten. Es verwundert nicht, dass es die Grazer Frauenklinik unter Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Vesna Bjelic-Radisic, die diese Studie für Österreich koordiniert, war, die in dieser Studie als Erstes loslegt. „Wir werden gerade von Patientinnen, die noch mitten im Leben stehen und einen ausgeprägten Kinderwunsch haben, immer wieder gefragt, ob man die Therapie nicht unterbrechen kann und wie es dann mit dem Rückfallrisiko aussieht – und wir haben dazu einfach keine aussagekräftigen Daten; die Beratung in dieser Situation ist also sehr schwierig?“, setzt sich Prof. Bjelic-Radisic besonders engagiert für ABCSG 48 ein.

Brustkrebspatientinnen im gebärfähigen Alter werden durch die Krebstherapie oft in ihrer Familienplanung stark eingeschränkt oder können diese gar nicht mehr verwirklichen. Im gesicherten Setting einer klinischen Studie soll nun die Therapie für zwei Jahre unterbrochen werden, in denen die Frauen schwanger werden und ihr Baby sogar stillen können. Der ABCSG ist es nun gelungen, eine solche Studie in Österreich zu starten und diesem so elementaren Wunsch vieler Patientinnen Rechnung zu tragen.

Ungefähr zwei Drittel der Brustkrebspatientinnen erhalten adjuvant, also nach der operativen Entfernung des Tumors, und einer Chemotherapie noch eine endokrine Therapie, die die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone Östrogen bzw. Progesteron unterdrückt. Je nach Tumortyp wird manchmal auch nur eine solche Antihormontherapie verabreicht. Diese wird in Tablettenform bis zu fünf Jahre lang eingenommen, um das Rückfallrisiko zu minimieren, da die weiblichen Hormone das Wachstum hormonabhängiger Mammakarzinome stimulieren.

Vorliegende Daten lassen vermuten, dass eine Schwangerschaft nach einer Brustkrebstherapie das Risiko eines Rezidivs nicht signifikant erhöht. Nun soll erstmals geprüft werden, ob eine Unterbrechung der endokrinen Therapie für zwei Jahre ohne Nachteile für die Patientin möglich ist und zusätzlich dem Kinderwunsch entsprochen werden kann. Diese Daten sind vor allem für BehandlerInnen von großer Bedeutung, da sie oft mit diesem Patientinnenwunsch konfrontiert sind, ohne auf evidenzbasierte Informationen zurückgreifen zu können.
Die ABCSG hat über 30 Jahre Erfahrung in der klinischen Forschung mit Fokus auf die adjuvante Situation, einige österreichische Studien haben die Dauer der endokrinen Therapie bereits maßgeblich beeinflusst. „Dass wir mit dieser akademischen Studie Brustkrebspatientinnen mit Kinderwunsch sowohl eine wirksame Therapie als auch die Möglichkeit auf Nachwuchs bieten können, freut mich persönlich sehr“, sagt ABCSG-Präsident Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant von der MedUni Wien dazu.

Ermöglicht wurde die österreichische Beteiligung an dieser internationalen Studie durch eine großzügige Privatspende einer Niederösterreicherin, deren Mutter an Brustkrebs erkrankte und die zwei Schwestern ebenfalls an Krebs verlor. Ohne diese Zuwendung wäre es für die ABCSG nicht möglich gewesen, bei dieser für viele junge Frauen so wichtigen Studie mitzumachen, an der sich vier Zentren in Wien, Graz, Salzburg und Innsbruck beteiligen werden. „Es ist für uns BehandlerInnen derzeit sehr schwer, zu beurteilen, ob man in Einzelfällen, vor allem bei ausgeprägtem Kinderwunsch, das Risiko einer Therapieunterbrechung oder -verkürzung eingehen kann, da es dazu keine Daten gibt. Darum ist es umso wichtiger, dass wir das nun im engmaschig kontrollierten Rahmen einer Studie erheben und die Datenlage bei diesem so wichtigen Thema erheblich verbessern können“, hebt Gnant den Stellenwert dieser klinischen Studie hervor. „Dass wir solche Projekte nur dank privater Zuwendungen umsetzen können, ist einerseits natürlich erfreulich, andererseits aber auch frustrierend, dass in einem der reichsten Länder der Welt für solche Untersuchungen kein öffentliches Geld zur Verfügung gestellt wird.“

Coordinating Investigator Prof. Bjelic-Radisic erwartet, dass die ABCSG 30 Patientinnen in den nächsten vier Jahren einbringen kann. Die Rekrutierungsphase wird vier Jahre dauern, die Frauen werden zehn Jahre nachbeobachtet.

Foto © shutterstock- George Rudy


07.12.2017


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